Test & Rat

Koffer weg – was jetzt?

Mehr Menschen fliegen, aber die Zahl der vermissten Gepäckstücke sinkt. Dies zeigt der „Baggage Report 2015“ der unabhängigen Luftfahrtgenossenschaft Sita. Im Schnitt kamen im Jahr 2014 7,3 falsch zugestellte Gepäckstücke auf 1.000 Passagiere - 2007 waren es noch 18,9.

Mehr Menschen fliegen, aber die Zahl der vermissten Gepäckstücke sinkt. Was tun, wenn doch einmal der Koffer verschollen ist?

Kommt immer wieder vor: Der Fluggast ist längst in Bangkok, sein Koffer aber steht noch in Frankfurt oder ist irgendwo auf der Strecke verloren gegangen. Welche Rechte hat der Kofferbesitzer?

Im zweiten Fall, also wenn das Gepäck nicht wieder gefunden wird, muss die Fluggesellschaft für Ersatzbekleidung und alles, was in den Kulturbeutel gehört, sorgen. Die Regeln dafür, was bezahlt wird, sind klar. Die Ausgaben für Kleidung werden zur Hälfte erstattet, weil allgemein davon ausgegangen wird, dass die Kleidungsstücke auch später noch weiterverwendet werden. Bei Toiletten und Hygieneartikeln wird der volle Kaufpreis erstattet.

Darüber hinaus zählt der Wert des verloren gegangenen Gepäckstücks samt Inhalt (Zeitwert), wobei es für Beschädigungen und bei Verlust eine Obergrenze gibt, gegenwärtig rund 1400 Euro. Bei wertvollem Gepäck – etwa einem Ballkleid, besondere Geräte – schützt zusätzlich eine so genannte Wertdeklaration, die aber kostet. Bei beschädigtem Gepäck muss die Schadensanzeige allerspätestens sieben Tage nach Ankunft bei der Airline eingegangen sein.

Bei verspätetem Gepäck müssen die Ansprüche innerhalb von 21 Tagen, gerechnet ab dem Tag der Aushändigung, bei der Fluggesellschaft schriftlich gemeldet werden.

Und wie sieht es bei einer Pauschalreise aus?

Da sind sich die Gerichte weitgehend einig. Hier gibt es auch die Noteinkäufe – das ist wie beim verspäteten Koffer, für den eine Fluggesellschaft geradestehen muss – auch. Allerdings hat der Urlauber hier die Wahl: Er kann Kostenerstattung entweder vom Pauschalreiseveranstalter oder von der Fluggesellschaft verlangen. Beide sind da gleichermaßen in der Verantwortung.

Beim Pauschalurlaub kommt eine Besonderheit hinzu: Vom Veranstalter kann verlangt werden, dass er nicht nur die Kosten für die benötigte Ersatzbekleidung, Toilettenartikel und Ähnlichem übernimmt, sondern hier kann auch eine Minderung des Reisepreises verlangt werden. Die Rechtsprechung ist da eindeutig. Für jeden Tag ohne das eigene Gepäck, kann eine Erstattung eines Teils des Reisepreises – natürlich auf den Tag umgerechnet – von 25 bis zu 40 Prozent verlangt werden. Die Höhe der Minderung hängt davon ab, was für eine Reise gebucht war. Bei einer Badereise, bei der sozusagen die Badehose und Badelatschen ausreichen, fällt der Abzug geringer aus. Wenn hingegen eine Reise auf einem Kreuzfahrtschiff gebucht war, wo formelle Abendgarderobe erwartet wird, fällt die Minderung höher aus.

Da erkennen die Richter mit Sicherheit auf die 40 Prozent Erstattung pro Tag ohne Gepäck, umgerechnet auf den Reisepreis pro Tag an. Auch hier gilt die Frist „21 Tage ab Ablieferung des Gepäckstücks“.Manchmal wird in einem solchen Fall am Flughafen von Repräsentanten des Reiseveranstalters Geld für die Einkäufe angeboten. Darauf kann man eingehen, ohne etwaige Ansprüche zu verlieren. In der Reisebranche sind Vereinbarungen, die die Urlauber-Rechte „verkürzen“, unzulässig.

Text: Armin E. Möller (CR 4/15) Experte: Holger Hopperdietzel Foto: Pixabay

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